16.07.2019
Kategorie(n): Fächer A-Z, Geschichte

Lernort Rathaus – ein neues Projekt in Augsburg

Autor:in: Sila Cadirli, Tiara Höhnke und Mathilda Marquordt, 10b

Besichtigung von Stadtverwaltung und Rathaus

In den letzten zwei Jahren hat ein Team aus Augsburger Lehrer*innen und Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung Augsburg mit dem „Lernort Rathaus“ ein neues Projekt für Schüler*innen entwickelt.

Wir, die Klasse 10b, hatten das Privileg, die allererste Pilotklasse zu sein, die das Projekt in die Praxis umsetzt. Der Tag begann mit einer Führung durch das Rathaus und das Stadtverwaltungsgebäude. Zu Beginn sind wir durch die Büros im Stadtverwaltungsgebäude gegangen. Erstaunlich ist, dass jedes Büro mit einem anderen Büro verbunden ist, das heißt, wir konnten geradeaus durch jedes Büro, das mit jeweils zwei Personen besetzt ist, durchgehen. Anschließend sind wir zum Rathaus gelaufen und haben eine interessante Geschichte zur Entwicklung des Rathauses gehört.

Schon 1609 erhielt der bekannte Renaissance- und Stadtbaumeister Elias Holl den Auftrag, das alte gotische Rathaus Augsburgs umzubauen. Der Grundstein wurde am 25. August 1615 gelegt. Im März 1620 schloss man die Außenarbeiten und im Jahr 1624 die Innenausbauten ab.

Was wir bei unserem Besuch natürlich erwartet haben: den Goldenen Saal. Tatsächlich waren viele aus unserer Klasse noch nie dort und es war ein neues Erlebnis, einige haben ihn schon des Öfteren gesehen. Der Goldene Saal ist ein Prunksaal im Augsburger Rathaus. Er zählt zu den bedeutendsten Kulturdenkmälern der Spätrenaissance in Deutschland und zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt Augsburg. Der goldene Saal wurde 1643 fertiggestellt, jedoch 1944 aufgrund eines Bombenangriffs wieder zerstört. Nach dem Kriegsende wurde dann das Rathaus inklusive Goldener Saal wieder aufgebaut. Für die Vergoldungsarbeiten im Goldenen Saal wurden insgesamt 2,6 kg Blattgold verarbeitet. Die Arbeiten wurden im Jahre 1996 endgültig abgeschlossen und der Saal wurde – zum zweiten Mal und nun in originalgetreuem Zustand – feierlich wiedereröffnet.

Anschließend durften wir die Büros der Fraktionen CSU und SPD besuchen. Das war interessant, doch im Anschluss haben wir etwas ganz Besonderes und Einmaliges erlebt. Wir durften in einen Bereich, der für Gäste normalerweise nicht zugänglich ist: in den Turm des Rathauses und dort die Aussicht über Augsburg genießen. Abschließend konnten wir uns in Elias Holls ehemaligem Planungsraum noch ein Miniaturmodell der Stadt Augsburg aus Holz mit mehreren Metern Durchmesser anschauen.

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Gespräch mit drei Stadträtinnen

Während unserer Führung durch das Rathaus und das Stadtverwaltungsgebäude wurde uns natürlich auch einiges über die Stadtverwaltung und Stadtpolitik erzählt. Bevor wir überhaupt das Gebäude betraten, erfuhren wir so, dass die Stadt rund 6.500 Mitarbeiter hat, zu welchen im Übrigen auch unsere Lehrer gehören und eben die Mitarbeiter der Verwaltung. Diese Mitarbeiter beschäftigen sich, unterteilt in 12 Referate, mit der Stadt und uns, den Bürgern. Die Referate sind hierbei lediglich die verschiedenen Arbeitsbereiche der Verwaltung, um ein Bespiel zu nennen, gibt es ein Referat für Bildung. Geleitet werden diese Referate vom Bürgermeister und Referenten, welche vom Stadtrat bestimmt werden. Was genau ist jetzt aber der Stadtrat? Kurz gesagt vertritt er die Bürger einer Stadt in politischen Angelegenheiten, er schreibt Richtlinien und Grundsätze für die Stadtverwaltung. Gewählt wird der Stadtrat bei den Kommunalwahlen. Während unserer Besichtigung des Rathauses durften wir tatsächlich sogar mit drei Stadträtinnen von jeweils unterschiedlichen Parteien reden. Und so war es teils sehr interessant zu beobachten, wie die Stadträtinnen im Namen ihrer Partei Fragen, die von uns gestellt wurden, beantworteten und auch teils kleinere Hiebe gegenseitig austeilten. Auch sehr verblüffend und wahrscheinlich auch sehr enttäuschend war, wie viele organisatorischen und finanziellen Aspekte allein beim Wunsch nach klimatisierten Klassenzimmern, der von uns vorgebracht wurde, beachtet werden müssen. So verabschiedeten wir uns vom Gedanken an kühle Klassenzimmer und auch von den Stadträtinnen, denn ehe wir uns versahen war die vorgesehene Fragezeit vorbei. Doch zu Ende war Tag noch lange nicht, was bringt einem die ganze Theorie, wenn man sie nicht selbst anwenden kann? Gesagt, getan, nun wurden wir selbst zum Stadtrat, natürlich ohne den Prozess einer Wahl.

Planspiel: Bürgerversammlung und Stadtratssitzung

So folgte auf den theoretischen Teil der praktische, in Form eines Planspiels, das wir sogar im Sitzungssaal des Stadtrats spielen durften. Zu Beginn wurde uns das Thema, mit dem wir uns für die nächsten zwei Stunden auseinandersetzten würden, mitgeteilt. Die folgende Debatte sollte sich rund um das Thema „Vergünstigte Schülertickets für den ÖPNV“ drehen.

Sobald wir das erfahren hatten, wurden Rollen unter den Schülerinnen und Schülern verteilt. Zuerst die des Oberbürgermeisters, was schnell vonstatten ging, da es nur einen Bewerber für den Posten gab (der als Mitglied unserer SMV schon eine gewisse einschlägige Erfahrung hat). Drei weitere Schülerinnen entschieden sich dazu, ihm als Mittglieder der Stadtverwaltung zur Seite zu stehen. Die restlichen Rollen wurden wie Lose unter den übrigen Schülerinnen und Schüler verteilt. Im Zuge dessen erhielt jeder nicht nur einen neuen Namen, sondern auch eine Position bezüglich des Themas, die er oder sie im Folgenden vertreten würde.

Das Planspiel begann mit einer Bürgerversammlung, in der zuerst die verschiedenen Meinungen der Bürger dargelegt und von der Verwaltung notiert wurden. Schnell wurde klar, dass sich hinter dem so simpel klingenden Thema eine Menge versteckte. Unzählige Stimmen wurden laut, die alle Gehör finden wollten. Jeder versuchte seine Meinung begründet durchzusetzen und weitere wichtige Punkte anzuführen. Auf die hitzige Debatte folgte eine kleine Pause, in der sich die drei Schülerinnen der Stadtverwaltung zusammen setzten und beraten mussten, wie sie nun den Antrag zum „vergünstigten Schülerticket“ gestalten sollten. So schön es wäre, konnten sie nicht auf alle Wünsche eingehen. Manche widersprachen sich, oder für ihre Umsetzung würden die Mittel realistisch gesehen nicht reichen.

So musste die Verwaltung Kompromisse finden und präsentierte diese in Form eines ausformulierten Antrags den Schülern in der Planspiel-Stadtratssitzung.

Schließlich wurde abgestimmt und alle Parteien entschlossen sich dazu, den Antrag für gut zu heißen. So schafften wir es gerade noch kurz vor Schluss mit dem Planspiel abzuschließen, wobei die Vielzahl an Argumenten und die begeisterte Beteiligung der Schülerinnen und Schüler noch für weitere Stunden ausgereicht hätten. Insgesamt war dies ein gewinnbringender Vormittag, an dem man viel darüber lernen konnte, wie unser eigenes Umfeld – die Stadt Augsburg – von Politik und Verwaltung mitgestaltet wird.